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Eine gute Idee: 3 Lektionen, die ich als Ghostwriter von Flo Müller gelernt habe

Gute Ideen kommen und gehen. Manchmal bleiben sie hängen, manchmal verfolgen wir sie weiter – und manchmal können sie unser Leben auf den Kopf stellen. Genau so erging es Flo Müller, als er im sommerlichen Amsterdam im Park spazieren ging und über sein Leben nachgedacht hat. Sein Job war unbefriedigend, seine Beziehung zerbrochen und der Sinn in seinem Leben irgendwann zwischen Studium und Vertriebsprovision im Softwarebereich verloren gegangen. 

Eine Idee muss nicht komplex sein, damit sie Wirkung entfaltet. Ganz im Gegenteil. Unser Gehirn liebt Ideen, die einfach und leicht verständlich sind. Passt eine Idee in den Kontext unseres Lebens, kommt sie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort, dann kann sie der Auslöser einer inneren Revolution sein. Sie kann unser Weltbild komplett verändern. 

"Ich muss hier raus", war der einfache und verständliche Gedanke, den Flo damals in Amsterdam hatte.

„Ich muss hier raus“, war der einfache und verständliche Gedanke, den Flo damals in Amsterdam hatte. „Raus aus meinem Job, raus aus meinem Leben.“ Flo hat sich also hingesetzt und einen Plan gemacht, seinen Rucksack gepackt und den nächsten Flieger in den Orient genommen. 

Gute Idee? Für Flo Müller schon.

Wer hatte diesen Gedanken noch nicht? Einfach mal raus. Nahezu jeder von uns möchte einmal seinem Leben entkommen und etwas anderes machen. Aber wer macht das schon wirklich? Wer wirft alles, was ihn bisher ausgemacht hat, über den Haufen? Warum ist bei Flo Müller dieser Gedanke auf derart fruchtbaren Boden gefallen? Drei Lektionen kann ich dabei ausmachen, die Flos Idee zu einer erfolgreichen Idee gemacht haben.

1. Der richtige Antrieb

Flos Situation spiegelt wider, was sich bei allen erfolgreichen Ideen wieder findet. Er hatte den richtigen Antrieb, und zwar nicht nur im negativen Sinne. Klar, privat lief es damals nicht so gut und sein Job hat ihm auch nicht gefallen. Aber deswegen geht man nicht auf eine große Reise, die gezielt auf einen Neustart im Leben hinführt. Nein, dafür benötigt man einen positiven, ja einen konstruktiven Impuls. Man muss sich wohlfühlen mit dem, was diese Idee für das eigene Leben bringt. 

In Flo Müllers Leben hatte Reisen schon immer eine ganz besondere Bedeutung. Einfach mal in den Urlaub fahren, das entsprach noch nie seinem Stil. Wenn Flo in andere Länder gefahren ist, dann nur, um dort voll und ganz einzutauchen. Nie kürzer als drei Monate, am liebsten mit Rucksack und der inneren Erwartung, sein restliches Leben dort zu verbringen – das hat all seine Reiseziele ausgemacht. Dieses Mindset, voll und ganz in die neue Kultur mit eigenen Gepflogenheiten einzutauchen, hat sich unglaublich positiv auf ihn ausgewirkt. Vielleicht sogar „zu“ positiv: Manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass das Geschäftsleben gegen seine Reiseerfahrung immer nur blass wirken konnte. 

Genau hier verbirgt sich die Lehre, die ich daraus ziehe: Die richtige Idee wächst auf dem, was schon vorhanden ist. Oder anders gesagt: Ob wir eine Idee realisieren, entscheidet sich schon Jahre, bevor wir sie haben.

2. Opferbereitschaft

Ideen sind verführerisch. Sie zielen nämlich auf das Ende einer Geschichte, dann, wenn wir das „happily ever after“ erreicht haben, alle Herausforderungen überstanden haben und längst dort sind, wo wir hinwollten. Jeder, der einmal eine Idee in die Tat umsetzen wollte, musste bitter erfahren, dass es so leicht nicht geht. Flo Müller auch. Die Idee, auf Reisen zu gehen, ging einher mit dem Gedanken, sein Leben neu auszurichten, ihm einen neuen Sinn zu geben, den er in seiner bisherigen Tätigkeit nicht finden konnte. Dass das in Teilzeit oder in einem verlängerten Urlaub nicht einfach so möglich war, wurde ihm bald bewusst. 

 

"Ob wir eine Idee realisieren, entscheidet sich schon Jahre, bevor wir sie haben."

Flo kündigte seinen Job vorzeitig und konzentrierte sich voll und ganz auf die Durchführung seines Plans. Er zeigt damit die Erkenntnis, die in meinen Augen ganz zentral für die Umsetzung einer Idee ist: Ideen benötigen Platz. Sobald wir sie umsetzen wollen, müssen wir Konzessionen machen – wir müssen der Realisierung einer Idee Raum geben. Und das bedeutet heutzutage Zeit. Ohne sich die Zeit zu nehmen, eine Idee auszuarbeiten, die Schritte hin zum Ende der Geschichte zu planen, wird die beste Idee der Welt im Strom unserer Gedanken irgendwann untergehen.

3. Die Fähigkeit, die den Unterschied macht

Flo – das hat er mir oft zu verstehen gegeben – ist der Meinung, dass jeder all das lernen kann, was man benötigt, um seine Ziele zu erreichen. Von ihm habe ich aber auch gelernt, dass man niemals alleine ist. Für seine Reise, so sagt er selbst, waren die Fähigkeiten wichtig, die ihn auf die richtige Spur gelenkt haben. Selbstorganisation, Kommunikationsfreude und den richtigen Riecher bei der Wahl der Unterkünfte. Klar, das muss man können oder lernen. Essentiell war aber auch, was er mir während unserer Interviews immer wieder erzählt hat, ohne die Besonderheit daran zu erkennen. 

Flo hat nicht darauf bestanden, dass er als einziger alles besser kann. Oder, in anderen Worten: Wenn er nicht mehr weiterwusste, hat er um Hilfe gebeten und Hilfe angenommen. In Ländern wie Iran, Saudi-Arabien und Pakistan – so fortschrittlich sie auf der einen Seite sind – kann man nicht unterwegs sein, ohne sich mit anderen auszutauschen. „Reach out“, sagt Flo immer wieder zu mir, wenn ich ihm vom beschwerlichen Autorenleben erzähle oder den fruchtlosen Versuchen, meinen Roman an den Verlag zu bringen. Frag doch einfach nach. Schreib jemanden an, der Bescheid weiß. Vielleicht bekommst du eine Antwort – vielleicht hilft dir ja jemand.

Es ist sicher die außergewöhnlichste Lektion, die ich bei der Zusammenarbeit mit Flo erfahren habe: Egal, wie schwer ein Weg erscheint. Egal wie außergewöhnlich die Reise ist, die man geht. Zu jedem Zeitpunkt gibt es jemanden, der oder die dir im richtigen Moment zur Seite steht. Selbst in Pakistan. Man muss sich nur trauen, zu fragen.

Florian Müller, K. Mayr-Kennerknecht: Der Orient, mein Rucksack und Ich. Wie ich in Saudi-Arabien Model wurde und in Pakistan mit Soldaten Tee trank (National Geographic) erscheint am 28.10.2022. Erhältlich überall, wo es Bücher gibt.

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